Ich habe mir mal erlaubt ein neues Thema zu eröffnen. Ich hoffe es trägt ein wenig zur Unterhaltung bei und entlockt einigen Usern ein paar Storys rund ums Thema. Werde natürlich mit einer kleinen Geschichte beginnen. Abteilung: Abgründe.
Als ich als junger Kerl endlich den Lappen hatte gab es nichts Wichtigeres als mir ein Auto zu beschaffen. Vielleicht ist es nicht ganz unwichtig zu erwähnen, dass ich im deutschsprachigen Teil Osteuropas aufwuchs. Autohäuser, Händler und Automärkte gab es praktisch nicht. An den Wochenenden gab es zwar immer Mal in Großstädten eine Art Automarkt aber eben mehr geduldet als erwünscht. Da ich aber die, einen Kauf beschleunigende, Währung nicht besaß, hatte ich schlechte Karten als potenzieller Käufer brauchbaren Materials in Betracht zu kommen. Auch als Erbfolger schied ich aus. Ich musste also auf den Zufall hoffen und studierte emsig Kleinanzeigen in Tageszeitungen.
Schließlich wurde ich fündig und fuhr sofort zum Verkäufer. (Vorher anrufen war nicht möglich. Wer hatte schon ein Telefon?). Hab dann an der Tür geklingelt und fragte ob das Auto noch zu haben sei. „Waren schon viele da. Iss aber noch nicht verkauft“. Ok. Super. Kann man denn mal ne Probefahrt machen? „Komm in der Stunde wieder …trinken grad Kaffee“ Alles klar … In einer Stunde.
Nach einer Stunde bekam ich dann das Objekt der Begierde zum ersten Mal zu Gesicht. Ein Trabant 500; Blechdach mit Himmel! Jahrgang ….. (Das Auto war Älter als man sein musste, um im Osten den Autoführerschein zu bekommen.)
Der Besitzer fuhr dann mit ein paar Kilometer und ließ mich sogar ein Stückchen fahren. Ich war begeistert. Ein Auto! Zurück dann an seinem Haus fragte er dann die Frage der Fragen: „Willsten haben???“ Ja, natürlich ….Er verschwandt dann im Haus und kam mit dem Kaufvertrag wieder heraus. „Als wir unterwegs waren, waren schon wieder Zweie da, sagt meine Frau“ …. „Willsten nu haben“ Jaaaaa,- Gekauft wie gesehen…..Mein Geldbündel bekam er, und ich: Hatte ein Auto! Mein Erstes !!!
Stolz wie Oskar fuhr ich Nachhause, besuchte natürlich noch einige Freunde … hier ne Runde, da ne Spritztur … Happy. Dass das Getriebe nicht synchronisiert war fand ich schnell heraus. Noch bevor ich die Schaltkrücke verbogen habe. Immer Zwischenkuppeln und beim Runter schalten Zwischengas. Kein Problem, wie beim Fahrschul LKW.
Im Laufe der Zeit fielen mir dann aber doch einige Dinge auf die mich, zumindest, stutzig machten. Fuhr ich einen Berg hinauf ging häufig die Innenraumbeleuchtung an und das Lenkrad war irgendwie gefedert. Beim Bremsen kam es mir immer ein Stück entgegen und sobald man Gas gab zog es sich wieder zurück. Auch die Lenksäulenverkleidung schien irgendwie zu kurz zu sein.
Misstrauisch geworden suchte ich einen Schrauber auf. Gab wohl in jedem Dorfe einen der die Not hindern half.
Wurde dann vorstellig und fragte ob er nicht „mal guggen“ könne. Hilfsbereit wie er war kam er mit, um sich die Sache näher zu betrachten. Zündete sich noch eine Zigarette an und als er das Auto sah war sein erstes Wort „Schneeschieber!“
Stand ziemlich verdutzt da und wusste nicht recht was er damit meinte. „Mach mal vorne auf“ sagte er. Und was jetzt geschah habe ich mich mein Lebtag nicht vergessen.
Er stellte sich neben das rechte Vorderrad, griff in den Motorraum in Nähe des Kotflügels, ging leicht in die Knie und hob – wie ein Bodybuilder beim Kreuzheben – den Gesamten Vorderwagen 10-15 Zentimeter in die Höhe. Während seine im Mundwinkel befindliche Zigarette den Qualm in sein linkes Auge aufsteigen ließ stieß er, mit verkniffenem Gesicht sein Urteil aus: „Durch !!!“
„Der ist völlig durch (gerostet, gebrochen) !!!“„Gugge hier, so müsste er stehen“ Dann ließ er los und der Vorderwagen krachte wieder in seine Wohlfühlposition zurück wie ein morsches Möbelstück.
Hat sich dann den Unterboden genau betrachtet und gesagt: „Deinen Aschenbecher kannste verkaufen. Teppich weg, Gas geben und schon öffnet sich im Bodenblech eine Spalte“. So richtig lachen konnte ich nicht. „Ne im Ernst - Du brauchst neue Holme und eine neues Geweih, eine Bodengruppe.“
Dass eigentlich jegliches Ersatzteil schwer zu bekommen war schien es mir fast aussichtslos auf die Suche nach Teilen für den 500`er Trabbi zu gehen. Der Schrauber tröstete mich aber. „Kannst auch welche für den 601´er beschaffen“ „Das biegen wir schon hin“. „Sagst Bescheid wenn du die Teile hast, dass bruzzeln wir schon zusammen“ „Beim nächsten Autokauf kommste vorher zu mir“
Da stand ich nun mit meinem „Schneeschieber“ und habe Wochen gebraucht die begehrten Teile zu beschaffen. Der Schrauber hielt Wort und hat alles zusammengebruzzelt. Fortan blieb das Licht bei Bergauffahrten aus und meine gefederte Lenkung war nun auch fixiert. Welch eine Erkenntnis, welch ein Abenteuer. Jugendliche Euphorie und Blauäugigkeit hatten ihren Preis.
Danach fuhr das Auto eigentlich recht gut aber die nächsten Abenteuer ließen nicht lange auf sich warten … Logisch bei solch einem untoten „Youngtimer“
LG
Lupfi