Sensibelchen trifft auf korrektness
Als, in den frühen 90´ern, mein erstes Westauto auch in die Werkstatt hätte gemusst um dem Zeitgeist Genüge zu tun, entschloss ich mich dazu ein Anderes zu suchen.
Schnell war klar Welches. Auf einem dieser bunt bewimpelten Automärkte stand das Objekt der Begierde. Ein silbergrauer Volvo der 2´er Serie. Begann dann mich näher zu interessieren und erfuhr, dass es um einen V6 handelte.
Da man von den Schweden eh keine Verbrauchswunder erwarten konnte (und ich auch vom Reichweiten – Gen noch nicht beherrscht wurde) vereinbarte ich eine Probefahrt. Angaben über den tatsächlichen Verbrauch waren eher schwammig. Deshalb habe ich vollgetankt um auf diese Weise auf belastbare Daten zu kommen. Interessierte mich dann doch ….
Fuhren dann sehr elegant, ohne zu fordern oder gar zu rasen, gemütlich durch blühende Landschaften. Alles in allem knapp 100 KM. Füllte dann wieder auf und stellte fest, dass wir im Schleichfahrtmodus 14 Liter verbraucht hatten.
Nun war der Tank voll (es fehlten 14 Liter) und mir war klar, dass die Liebe zu Skandinavien sich nicht in der Wahl eines Volvo manifestieren wird. Da auch dieser Schlitten Verbleit den Vorzug gab, wollte ich natürlich den Sprit wieder aus dem Tank kriegen. In Ermangelung technischer Hilfsmittel bediente ich mich eines Stücks Gartenschlauch und mehrerer Kanister. (Die russische Variante)
Hätte ich gewusst wie penetrant sich Superbenzin in der Mundhöhle verteilt hätte ich lieber auf diese Aktion verzichtet. Aber …. Es lief. Noch Tage danach konnte ich essen was ich wollte. Alles schmeckte gleich …
Volvo war also Geschichte, der Urlaub rückte näher, und wir wollten vorher wechseln. Es wurde schwerer und schwerer etwas für meinen damaligen Geldbeutel zu finden. Dann sagte einer der Händler er hätte noch was. Iss aber nen Diesel. War mir zwar klar dass außer Traktoren, LKW´s und Bussen auch neuerdings Autos mit Diesel fahren, aber interessiert habe ich mich nie dafür.
Kriegten dann den Schlüssel um mal näher zu betrachten. Auffallend nur die etwas dunkler gefärbte linke Hintertür und eine Sammlung von Duftbäumen aller Couleur im Innenraum. Ansonsten gefiel er eigentlich gut, in Form und Erscheinung, nur eben … Ein Diesel. Etwas skeptisch dann auf Probefahrt und eigentlich ganz zufrieden, wenn gleich … gewöhnungsbedürftig weil: Diesel.
Schließlich wurde es der Mazda 626, 2.0, Fließheck, 60 Ps Diesel. Jungfernfahrt: Norwegen.
Die umlackierte Tür war wohl die Folge eines Unfalls mit einem Fahrrad, die Duftbäume kaschierten allerdings einen Zigarre rauchenden Vorbesitzer. Dieser Geruch hielt sich lange.
Aber ich war sehr zufrieden auch und gerade weil der Dieselmotor gut zu meinem Fahrstil passte. Leistung auch ohne hohe Drehzahlen zur Verfügung zu haben kam mir entgegen. So ging die Zeit und nach 2 Jahren ohne Werkstatt!, war es Zeit für TÜV und ASU.
Da, wo ich seinerzeit lebte, fuhren ambulante Prüfer übers Land zu den vielen kleinen, freien Werkstätten, wenn genug Prüflinge gesammelt waren. Vor meinem TÜV Termin habe ich selbst verständlich noch mal in der Werkstatt checken lassen. Alles OK bis auf die Bremsen. Die waren … nicht verschlissen sondern: durch kaum Benutzung verrostet. Die mussten gemacht werden.
Ansonsten Anstandslos durchgekommen. In der Woche drauf dann gleich noch ASU – Termin. Dauerte in der Regel nur 20-30 Minuten. Konnte also warten ohne Miet oder Kundenauto in Anspruch zu nehmen.
Am Tag X fuhr ich dann zur Werkstatt und der ASU Mann begann seinen ganzen Prüfkabelkram zu vernetzen. Ich stand draußen auf dem Hof und beobachtete interessiert was in der Werkstatt vor sich ging.
Erst tuckerte das Auto ne Weile , dann gab er ab und zu Gas und schließlich ….. brach meine Drehzahlwelt völlig zusammen. Inferno …. Stichwort: Abregeldrehzahl !!!
So hatte ich den Motor noch nie gehört. Volle Pulle !!! Wäre ich ne Frau könnte man sagen es war der Mutterinstinkt der mich zum handeln zwang so aber war es eher die heilige Wut die mich zum Berserker werden ließ.
5 Sekunden, 10 Sekunden … Mein Zeitmaß verließ mich. Es war der Schmerz der mich antrieb als ich in die Werkstatt ging und unüberhörbar aufs Autodach klopfte. Der ASU – Mann ließ sofort vom Gas ab und schaute mich erschrocken an. Bin sicher; nicht sehr friedfertig ausgesehen zu haben.
Als ich ihm den Grund meiner emotionalen Reaktion schilderte wurde er nun wild und hielt mir einen Vortrag über die gesetzlichen Vorgaben und den Sinn von Abregeldrehzahlen fürs Prüfprotokoll. Dass ich Lupfi bin und solche Drehzahlen nie und nimmer zuließ war ihm Wurst. Er musste sich ans Prozedere halten. Ein Sensibelchen traf auf einen gesetzestreuen Prüfer. Da gab es Nichts zu vermitteln.
Er brach daraufhin die Untersuchung ab. Plakette gab es nicht und zwei Menschen war die gute Laune des Tages vergangen.
Dem Meister in der Werkstatt tat leid was passiert war. Er empfahl mir beim nächsten ASU - Termin fern zu bleiben. Früh bringen und Nachmittag holen. Fertig. Um die Untersuchung kommen wir nicht drumrum.
Und so tat ich es dann auch. Gebe aber gerne zu, auch in Abwesenheit gespürt zu haben wann die Quälerei stattfand.
Lupfi